Roboter werden in Fabriken, Universitäten, Häusern und zunehmend auch im Gesundheitssektor eingesetzt. Sie sind grundsätzlich vielseitig und können Güter herstellen, Brände bekämpfen, Wohnungen reinigen und eben auch Menschen mit Einschränkungen im Alltag unterstützen oder Chirurgen bei schwierigen Operationen assistieren (Maier 2022). Sie bieten damit ein großes Potenzial für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen, Prozesse effizienter zu gestalten und Pflegepersonal zu unterstützen und zu entlasten. Auch können sie Pflegebedürftige ermöglichen, länger selbständig bzw. selbstbestimmt in der eigenen Häuslichkeit zu leben (Klein et al. 2018).
Dieser Artikel gibt einen Überblick, welche Arten von Robotern es heute schon gibt, die in der (Alten-)pflege grundsätzlich eingesetzt werden können. Dabei ist allerdings wichtig festzuhalten, dass die Entwicklung hier noch am Anfang steht und bislang kaum Systeme in der Breite eingesetzt werden. Jede Kategorisierung ist dabei nur eine Annäherung an die Vielfalt der Geräte zu verstehen, die oftmals unterschiedliche Funktionen miteinander vereinen. Wir orientieren uns hier an der Unterscheidung von Becker und Kolleg*innen (2013):
Was sind (Service-)Roboter?
Während Roboter in der industriellen Produktion schon länger bekannt sind, hat die Kategorie der Service-Roboter erst in den letzten Jahren weitere Verbreitung gefunden – in erster Linie vermutlich über praktische Helferlein im Haushalt wie Staubsaug-, Rasenmäh- oder auch Fensterputz-Roboter. Auch in professionellen Kontexten werden Serviceroboter immer beliebter, da sie in Zeiten des Fachkräftemangels zeitaufwändige und physische Aufgaben übernehmen und damit Mitarbeitende entlasten können.
Serviceroboter unterscheiden sich dabei von anderen digitalen Systemen in erster Linie dadurch, dass sie Aufgaben teil- oder vollautonom ausführen können (vgl. ISO 8373). Sie können sich beispielsweise allein im Raum bewegen oder in eng definierten Rahmen eigenständig auf konkrete Situationen reagieren – z. B. eine mündlich gestellte Frage in normaler Sprache beantworten.
Trainingsgeräte und Hilfsmittel zur Bewegungsausführung
Trainingsgeräte und Hilfsmittel zur Bewegungsausführung sind eine wichtige Kategorie von Robotern, die es Menschen mit Einschränkungen unmittelbar ermöglicht, bestimmte Bewegungen auszuführen oder Aufgaben zu erledigen, die ihnen sonst unmöglich wären. Dies kann vorübergehend sein und als Teil einer Therapie eingesetzt werden oder dauerhaft Menschen mit Einschränkungen ein eigenständigeres Leben ermöglichen.
Das Spektrum der verfügbaren Technologien reicht dabei von robotischen Prothesen (z.B. der Hand), über Exoskelette, die im Rahmen physiotherapeutischer Rehabilitation eingesetzt werden können, bis hin zu extern montierten Roboterarmen (Becker et al. 2013; Becker 2018; Klein et al. 2018). Die Einsatzbereiche dieser Roboter sind jedoch begrenzt und ihr Einsatz muss präzise auf die konkrete Situation abgestimmt und eng begleitet werden. Solche Systeme sind im Normalfall wenig autonom, sondern werden unmittelbar durch die nutzende Person oder Dritte – beispielsweise Therapeut*innen – gesteuert.
Telepräsenzroboter
Eine zweite Kategorie sind Telepräsenzroboter. Diese sind in erster Linie darauf ausgelegt, von Menschen gesteuert zu werden, die sich nicht am selben Ort aufhalten (Becker 2018). So wird es möglich, Aufgaben durchzuführen, die spezialisiertes Wissen erfordern, ohne dass sich Spezialist*in und pflegebedürftige Person am selben Ort aufhalten müssen. Gerade im medizinischen Bereich können auf diese Weise die Stärken technologischer Systeme mit den Stärken menschlichen Denkens kombiniert werden.
So ermöglichen Telepräsenzroboter in der Chirurgie eine besondere Präzision während der Operation, wobei menschliche Chirurgen die Steuerung anhand einer vergrößerten Darstellung übernehmen. In der Altenpflege lässt sich wesentlich niedrigschwelliger die Betreuung der Bewohnenden durch eine*n Facharzt*in oder eine spezialisierte Pflegekraft denken – beispielsweise im Bereich der Wundversorgung. Auf diese Weise wird für die Bewohnenden eine verbesserte Betreuung möglich, während spezialisierte Pflegekräfte entlastet werden und einen Teil ihrer Aufgaben theoretisch sogar aus dem Homeoffice erledigen können. Die Vor-Ort-Betreuung würde an dieser Stelle durch Assistenzkräfte oder andere Pflegekräfte übernommen werden.
Solche Systeme sind technisch bereits weit entwickelt und könnten grundsätzlich bereits in der Pflege eingesetzt werden . Hier scheitert es jedoch oft an der Verfügbarkeit entsprechender Angebote durch Ärzt*innen, an der Finanzierung der nach wie vor teuren Gerätschaften und an der Standardisierung entsprechender Prozesse.
Assistenzroboter
Die dritte und vermutlich verbreitetste Kategorie von Robotern sind Assistenzroboter. Diese sind in erster Linie darauf ausgelegt, konkrete Aufgaben zu übernehmen, ohne dass sie dabei unmittelbar von Menschen gesteuert werden müssen. Sie sind in einem eng definierten Rahmen autonom und können so in erster Linie wiederkehrende und/oder physisch anstrengende Aufgaben übernehmen: von der Reinigung von Fußböden wie wir sie aus dem privaten Bereich als Staubsauger-Roboter kennen, über den Transport von Wäsche oder Essen bis hin zum Stellen von Medikamenten (Becker et al. 2013; Becker 2018).
Bei dieser Art von Robotern zeigt sich das größte Entlastungspotenzial für Pflegekräfte. Das hohe Maß an Autonomie verlangt aber auch besonderen technischen Aufwand bei der Planung und Umsetzung entsprechender Projekte. Dies reicht von einer Standardisierung und idealerweise Automatisierung der relevanten Prozesse bis hin zu baulichen Anpassungen, damit die Roboter sich sicher bewegen können, um ihre Aufgaben zuverlässig zu erfüllen, ohne gleichzeitig Bewohnende zu gefährden.
Sozial-interaktive Roboter
Schließlich gibt es noch sozial-interaktive Roboter, eine Kategorie, die besonders in der medialen Darstellung von Robotik in der Pflege eine zentrale Rolle einnimmt. Dabei sind entsprechende Roboter in der Praxis bislang kaum verbreitet und werden nur vereinzelt eingesetzt. Sozial-interaktive Roboter sind darauf ausgelegt, Beziehungen aufzubauen: Sie erlauben Interaktionen, um emotionale, soziale oder psychologische Unterstützung zu bieten und passen sich ihrer Umwelt an (Pijetlovic 2020; Korn et al. 2021). Sie können neben der Kommunikation mit Menschen u.a. Emotionen erkennen und adäquat darauf reagieren. Des Weiteren können sie z.B. Nachrichten oder Geschichten vorlesen, Musik abspielen, Gesichter erkennen oder Spiele mitspielen (Korn et al. 2021, Handke 2020).
Dabei ist lange etabliert, dass soziale Roboter positive Auswirkungen auf die physische und psychische Gesundheit älterer Menschen haben und damit insgesamt zu einer Steigerung der Lebensqualität beitragen können. So können sie Stress und Depressionen reduzieren, den Blutdruck regulieren oder die Stimmung verbessern. Weiter können sie das Gefühl der Einsamkeit lindern und soziale Interaktion mit anderen Menschen stimulieren (Korn et al. 2021; Janowski et al. 2018).
Der Einsatz solcher Roboter in der Betreuung und Pflege älterer Menschen wird oft dafür kritisiert, dass er die warmen Beziehungen zwischen Menschen durch kalte Technologie zu ersetzen versuche. Gleichzeitig sind die Fähigkeiten solcher Roboter nach aktuellem Stand aber sehr begrenzt. Die Gefahr einer „Entmenschlichung“ der Pflege ergibt sich demnach eher aus dem ohnehin vorhandenen Effizienzdruck als aus den technischen Möglichkeiten dieser Roboter.
Autor*innen: Larissa Mazreku & Dr. Nils Müller
Bild: Adobe Stock / Ivan Acedo
Quellen
Becker, H., Scheermesser, M., Früh, M., Treusch, Y., Auerbach, H., Hüppi, RA. & Meier, F. (2013). Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung (Vol. 58). vdf Hochschulverlag AG an der ETH Zürich.
Becker, H. (2018). Robotik in der Gesundheitsversorgung: Hoffnungen, Befürchtungen und Akzeptanz aus Sicht der Nutzerinnen und Nutzer. In: Bendel, O. (Hrsg.), Pflegeroboter (S. 229-248). Springer Gabler: Wiesbaden.
Handke, J. (2020). Humanoide Roboter: Showcase, Partner und Werkzeug. Tectum Wissenschaftsverlag: Baden-Baden.
International Organization for Standardization. (2012). ISO 8373: 2012 (en), Robots and Robotic Devices—Vocabulary. ISO 8373:2012.
Janowski, K., Ritschel, H., Lugrin, B. & André, E. (2018). Sozial interagierende Roboter in der Pflege. In: Bendel, O. (Hrsg.), Pflegeroboter. Springer Gabler: Wiesbaden. S. 63-88.
Klein, B., Graf, B., Schlömer, IF., Roßberg, H., Röhricht, K. & Baumgarten, S. (2018). Robotik in der Gesundheitsversorgung: Einsatzfelder und Potenziale. Medhochzwei: Heidelberg.
Korn, O., Buchweitz, L., Theil, A., Fracasso, F., & Cesta, A. (2021). Akzeptanz und Marktfähigkeit sozialer Roboter. In: Bendel, O. (Hrsg.), Soziale Roboter. Springer Gabler: Wiesbaden. S. 59-88
Maier, H. (2022). Grundlagen der Robotik (3., neu bearb. u. erw. Aufl.). VED Verlag GmbH: Berlin.
Pijetlovic, D. (2020). Das Potential der Pflege-Robotik: Eine systemische Erkundungsforschung. Springer: Wiesbaden.