Die Digitalisierung in Einrichtungen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft kann nur dann gelingen, wenn die Mitarbeitenden von Anfang an einbezogen werden. Egal, ob bei der Suche nach den größten Herausforderungen, der Auswahl einzuführender Technologien oder bei der konkreten Umsetzung. Eine solche Beteiligung sorgt dafür, dass die eingeführten Lösungen besser auf den konkreten Arbeitsalltag in der Einrichtung abgestimmt sind und erhöht die Akzeptanz deutlich.
Wenn Mitarbeitende in solche Entscheidungsprozesse eingebunden werden, fungieren sie in erster Linie als Expert*innen für die eigene Arbeit. Sie bringen das fachliche Wissen genauso mit, wie Erfahrung in der konkreten Arbeit in dieser spezifischen Einrichtung. Gleichzeitig fällt es ihnen teilweise schwer, aus dieser persönlichen Perspektive herauszutreten und einen übergreifenden Entscheidungsprozess zu begleiten – hierzu ist ein bestimmtes Maß an „prozessualer Digitalkompetenz“ notwendig, also die Fähigkeit, die Konsequenzen für das eigene Berufshandeln abzuschätzen, bestehende Lösungen ethisch einzuordnen und im Hinblick auf ihre Nützlichkeit systematisch zu bewerten.
Diese Kompetenz vermitteln wir von pulsnetz MuTiG in unserem kostenfreien Training Digitalkompetenz für alle professionell Pflegenden in den Bundesländern Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen. Sie können sich als Einzelperson zu unseren offenen Terminen anmelden, oder Sie nehmen Kontakt zu uns auf und vereinbaren eine Schulung für mehrere Mitarbeitende einer Einrichtung oder eines Trägers.
Als kleinen Einblick in unser Training möchten wir Ihnen an dieser Stelle sechs Fragen vorstellen, die den Mitarbeitenden helfen können, sich in einem entsprechenden Digitalisierungsprojekt einzubringen:
(1) Wie kann uns die Technologie konkret unterstützen?
Die erste Frage zielt auf den ganz konkreten Nutzen einer Technologie im Arbeitsalltag ab. Mitarbeitende können sich überlegen, welche Prunkte ihrer alltäglichen Arbeit sie besonders belasten und dann abgleichen, welche Technologien hier tatsächlich Abhilfe schaffen können – seien es Sensorsysteme, die unnötige Wege reduzieren, Unterstützung bei der Dokumentation oder die Vereinfachung der Kommunikation mit den Zugehörigen.
Gleichzeitig gilt es, Einwände der Mitarbeitenden gegenüber einer vorgeschlagenen Technologie an dieser Stelle ernst zu nehmen. Dabei müssen die großen Versprechungen des Vertriebs der Technologieunternehmen auf den Prüfstand gestellt werden.
(2) Wie passt die Technologie in unsere Unternehmenskultur?
Ein wenig diffuser ist die Frage nach der Passung einer Technologie in die bestehende Unternehmens- und Arbeitskultur. Technologie wird diese Kultur fraglos verändern, doch müssen auch hier die Gedanken, Vorschläge und Einwände der Mitarbeitenden ernst genommen werden. Diese werden die Technologie letztlich im Alltag einsetzen. Gerade die Zusammenarbeit der Kolleg*innen, der regelmäßige (informelle) Austausch und das Teamgefühl müssen auch nach einem Digitalisierungsschritt erhalten bleiben – wenn auch möglicherweise in veränderter Form.
(3) Wie passt die Technologie in unsere Infrastruktur?
Auch im Hinblick auf die Passung zur technischen Infrastruktur können die Mitarbeitenden wichtige Hinweise liefern. Sie kennen die bestehende Ausstattung nicht nur von Plänen oder Produktpräsentationen, sondern erfahren ihre Schwachstellen und Eigenheiten Tag für Tag in der eigenen Arbeit. Sie wissen, wenn Steckdosen ungünstig platziert sind, an welchen Stellen die Netzabdeckung hakt und dass die Dokumentationssoftware gelegentlich Eingaben am Tablet „verschluckt“.
(4) Welche ethischen Fragen ergeben sich?
Gerade die Pflege sieht sich in erster Linie als Arbeit mit und am Menschen. Je nachdem, an welcher Stelle hier digitale Technologien eingeführt werden, kann sich diese Beziehung zwischen den Pflegenden und den Gepflegten verändern. Hier können Mitarbeitende wichtige Impulse liefern, welche ethischen Fragen sich bei der Einführung einer Technologie ergeben. Sie können ihren eigenen Eindruck schildern, wie dies diese Beziehung verändert und was sie sich für ihre konkrete Arbeit wünschen.
(5) Sind Datenschutz und -sicherheit gewährleistet?
Die Frage nach dem Datenschutz ist sicherlich etwas technischer, an dieser Stelle können Mitarbeitende jedoch für den Umgang mit der einzuführenden Technologie sensibilisiert werden. Sie können zudem eine Rückmeldung geben, ob die Abläufe, die für den Datenschutz notwendig sind, im konkreten Arbeitsalltag realistisch umgesetzt werden können.
(6) Wie stehe ich persönlich zu dieser Technologie?
Schließlich sollte es auch Raum für die Mitarbeitenden geben, ihre diffusen Hoffnungen und Befürchtungen zu äußern, die mit einer Technologie verbunden sind. Durch gezieltes Nachfragen lassen sich hier auch oft weitere relevante Aspekte herausarbeiten. Das strukturierte Abarbeiten der anderen – etwas unpersönlicheren – Fragen hilft gleichzeitig dabei, diese unspezifischen Emotionen greifbarer und damit einer sachlichen Betrachtung zugänglich zu machen.
Wenn diese Fragen Sie neugierig gemacht haben, schauen Sie doch mal rüber zu unserem Training Digitalkompetenz. Hier können wir diese Fragen mit Ihnen, Ihren Mitarbeitenden und/oder Ihren Kolleg*innen vertiefen – für Einzelpersonen bei einem unserer offenen Termine oder spezifisch angepasst.
Text: Dr. Nils Müller
Foto: Adobe Stock / Inna